Ein Dada ohne Hoffnung
oder wer sind die Daddies des DEUTSCHEN HANDWERKs



DAS DEUTSCHE HANDWERK hat keine Väter - nur Onkels.

© Frieder Rusmann 1998Der Oberonkel ist Marcel Duchamp: nicht weil er die ready-mades erfand und damit den Kunstbegriff bis zur Auflösung erweiterte (ganz cool Marcel!), auch nicht weil er durch inflationären Pseudonymgebrauch das Künstlersubjekt bis zur Auflösung schizofrenierte (eine Rose, das ist das Leben), sondern weil er Schach spielte und alle dachten, das hat was mit Kunst zu tun. Marcel war eines Tages etwas genervt, und da hat er sich gesagt: "Scheiß auf die Kunst, ich tu etwas, das Spaß macht und ärgere Beuys." Marcel ist der erste unproduktive Künstler, der Kunst produzieren ließ, indem alle Künstler dachten: "Ich muß ein wenig duchampen, wenn Marcel schon Schach spielt".

Das DEUTSCHE HANDWERK hat von Marcel gelernt: gut, die Künstler hat er ans Arbeiten gebracht, aber was ist mit den Kunstkonsumenten, sollen die faul ihre trägen Blicke auf unsere erschuffteten Ergebnisse werfen? Nein, Bürger, ab heute wird mitgearbeitet. Kunst ist für DAS DEUTSCHE HANDWERK die Kunst, die im Anschauer entsteht, deshalb ist das, was irgendeiner von der Kunst des DEUTSCHEN HANDWERKs hält, immer nur seine Privatmeinung, die im Grunde niemand interessiert, aber dennoch das Entscheidende ist. Wie das?

DAS DEUTSCHE HANDWERK hat die Emotion in die Kunst zurückgeholt: indem es kunstvolle Banal-Bild-Themen (oder Plastiken oder Texte) als Emo-Projektionsfläche für jedermann anbietet, wird der Betrachter zur Assoziation verführt: d.h. beim Betrachten muß er auf die eigene Bilder- und Gefühlswelt zurückgreifen, um einen Sinn zu konstruieren und diese subjektiven Welten, die sind nun wahrlich Privatsache, die man besser für sich behält oder seinem Therapeuten ins Ohr weint, aber vielleicht ist alles auch ganz anders.

Denn die Familie ist groß, und es gibt noch die Dada Onkels (hallo Hugo noch am Ball?). Nicht alle sind Onkels (schon gar nicht Max, der hat keinen Humor), aber viele. Allerdings muß man sagen, die Dadas hatten's leicht, vielleicht zu leicht, sie waren gegen etwas und wußten auch warum: weg mit dem Bürger und alles wird besser, die Dadas glaubten daran und hatten deshalb ihren Spaß.
Anders DAS DEUTSCHE HANDWERK, das ist auch gegen etwas und das entschieden und radikal, aber gegen was? Wer ist heute der Feind? Gut, der Kapitalismus, geschenkt, da hört keiner mehr zu. Anarchie ist auch keine Utopie mehr, und daß Kunst irgend etwas verändert, ist eine gedankliche Lachnummer. Also warum dann Dada? DAS DEUTSCHE HANDWERK hat Dada dramatisiert: es ist gegen etwas, das es nicht kennt, und für etwas, das niemals erkennbar wird. DAS DEUTSCHE HANDWERK tritt ein für ein Dada ohne Hoffnung.

Wir sind ein wenig pathetisch geworden zum Schluß, das klang fast ernst (Max halt's Maul). So laßt uns gemeinsam ein Liedchen und auf das Leben pfeifen.

Frieder Rusmann 1996